7.7.2009
Senatsverwaltung für Illusionen und Utopien (SenIl)
Ortstermin TU Berlin:
Podiumsdiskussion "Perspektive Autofreie Großstadt
Berlin" am 14.7.2009
von Frank Mankyboddle
Mit der etwas
melancholisch wirkenden Präzision eines Wissenschaftlers,
der seine messbaren Realitäten im Angesicht politischer Realitäten erläutern muss, beschrieb Oscar
Reutter vom Wuppertal-Institut dem Publikum eindrucksvoll
und unmissverständlich, was passiert, wenn ein
global sinkendes Ressourcenangebot auf eine steigende
Nachfrage und die Vorgaben der G8 zum Klimaschutz trifft.
Er ließ keinen Zweifel daran, dass selbst ein
RELATIV autoarmes Berlin den motorisierten Individualverkehr
drastisch reduzieren muss. "SenStadt" dagegen,
die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, hält
lieber die Utopie der autogerechten Stadt aufrecht,
um die Wähler ja nicht mit der Realität zu
konfrontieren, und gibt damit der Illusion - vom "umweltfreundlichen"
Elektroauto für alle - weiter Nahrung.
Musste Galileo
Galilei 1632 bei der Verkündung der Wahrheit noch
Kerker und Scheiterhaufen fürchten, so droht dem
Wissenschaftler von heute lediglich, von den Worthülsen
des Bürokratengeschwafels erlegt zu werden. Denn
"Kunst" kommt von "könnte",
weiß der, der den Reaktionen von Friedemann Kunst,
Chef der Abteilung IV, SenStadt, zuhörte. Man "würde"
ja so gerne, wenn das alles nicht so "schwierig"
wäre mit solch heißen Themen wie der "City-Maut"
und den autofreien Wohnprojekten. Vermutlich meinte
Kunst die renitenten Bürger, die nicht von ihren
Autos lassen wollen. Die gibt es, aber wo bleibt die
EINDRINGLICHE Kommunikation des Senats, welche die Bürger
auf die Realität und die notwendigen Maßnahmen
zu ihrer Bewältigung aufmerksam macht?
Der Hinweis von
CARambolagen, dass sich eben gerade auch Kunsts Abteilung
IV jeglicher direkter Kommunikation mit beteiligungswilligen
Bürgern verschließt, blieb von Kunst in der
Diskussion so unbeantwortet wie alle Anfragen und Einladungen
zum Thema Kastanienallee im Prenzlauer Berg in der Vergangenheit.
Es ist ein Naturgesetz für Wahnsysteme, dass sich
ihre Führer und Vertreter für das Gegenteil
von dem halten, was sie sind. In diesem Falle willig,
den Klimaschutz in unserer Stadt pro-aktiv voranzutreiben.
In Wahrheit handeln
die "Verantwortlichen" fahrlässig und
unverantwortlich. Wie würde z.B. die Bevölkerung
eines Landes reagieren, wenn die Regierung ein schweres
Reaktorunglück verschweigt und keine entsprechenden
Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung ergriffe?
Beim Klimawandel ist das Unglück schon passiert,
doch man diskutiert gemütlich auf dem Niveau der
80er Jahre, anstatt angemessen auf die Realität
zu reagieren. Dazu würde eine massive Einschränkung
des individuellen Autoverkehrs gehören. Aber lieber
baut man Wahnsinnsprojekte wie die Verlängerung
der A100, anstatt eine Partnerschaft mit Umweltverbänden
und NGO's aufzubauen, um allen Bürgern die Chancen
und Segnungen einer Welt fast ohne Autos nahe zu bringen.
Wowereit, Junge-Reyer und die ganze Karrieristen-Riege,
ausgerechnet eines Rot-Roten Senats, verspielt die Glaubwürdigkeit
linker Politik, weil sie glaubt, dass verantwortlich
zu handeln populär zu handeln bedeutet.
Viel mehr Spaß
macht indes das "Schwarzer Peter"-Spiel zwischen
Bezirk und Senat. Immer das andere Gremium ist schuld
daran, dass nichts passiert. Und so wird im Jahr des
Klimawandels - Anno Commutatio Climatis - ACC 2009 eine
Wohnstraße und Flaniermeile, wie die Kastanienallee,
BEschleunigt statt ENTschleunigt, Fußgänger
weiter an den Rand gedrängt und Radfahrer gefährdet,
um auf 500 Metern Straße dem Dogma einer SCHNELLEREN
BVG zu huldigen. NATÜRLICH wollen wir einen guten
ÖPNV, aber nicht an jeder Stelle zu jedem Preis
eine rasende Straßenbahn, um von anderen, effektiveren
Klimaschutzmaßnahmen abzulenken. "Fußgänger
GEHEN vor" und die klimafreundlichen "Radfahrer
haben Vorfahrt", anstatt "Rechts vor Links"
und das "Recht des Stärkeren".
"Wer den
Wandel GESTALTET, hat eine Option, wer vom Wandel gestaltet
WIRD, hat ein Problem." Mit diesem Motto könnten
Senat, NGO's und Bürger eine neue Ära einleiten
und Ernst Reuters "Völker der Welt, schaut
auf Berlin!" mit neuem Leben füllen. Werden
wir doch endlich einmal dem eigenen Selbstbild gerecht,
genesen wir VON unseren Umwelt-Exzessen, und vielleicht
wird die Welt dann eines Tages tatsächlich AM "deutschen
Wesen" genesen. Keinesfalls aber heiligt der Zweck
hier die Mittelmäßigkeit phantasieloser Modebürgermeister.
Zeigen wir der Welt, wieviel globale Verantwortung,
wieviel Nachhaltigkeit und damit Menschlichkeit möglich
ist - ohne in die Steinzeit zurückzufallen!
Teilnehmer an
der Podiumsdiskussion: Dr. Oscar Reutter (Wuppertal
Institut), Dr. Friedemann Kunst (SenStadt) und Dipl.Ing.
Markus Heller (Autofrei Leben). Moderation: Prof. Dr.
Andreas Knie (Wissenschaftszentrum Berlin)
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