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AG Kastanienallee 
               
 
Presseerklärung zur Kastanienallee - 8.6.2009

Sehr geehrte Damen und Herren,

New York klotzt, Berlin frickelt. Der Times Square wird zur autofreien Zone und die Kastanienallee zum verrümpelten Parkplatz mit "Angebotsstreifen" (Fahrrad-Alibi-Streifen), der Fußgänger noch mehr marginalisiert als bisher. Und das in der beliebtesten und international bekannten Flaniermeile des Bezirks Pankow.

CARambolagen, BI Kastanienallee, AnliegerInitiative Marthashof (AIM), Bürgerinitiative Oderberger Straße (BIOS), Initiative Hirschhof, Bürgerverein Gleimviertel e.V., Bürgersteig e.V. - allesamt Mitglieder des BürgerInitiativenNetzwerks Berlin (BIN) - lehnen die Pläne des Bezirks/Senats zum Umbau der Kastanienallee weiterhin ab! Mitglieder der BI Kastanienallee haben deshalb jetzt juristische Schritte eingeleitet um den Umbau nach diesen Plänen zu stoppen.

In das sogenannte "Beteiligungsverfahren" hatten wir einen detaillierten und sachkundigen Alternativ-Planungsvorschlag eingebracht. Dessen letzte Fassung war das Resultat einer Reihe von Bearbeitungsschritten, die Zeugnis unserer Kompromiss- und Kooperationsbereitschaft sind. Allerdings wurden in diesem Beteiligungsverfahren Einwände und Anregungen von Stadtrat Kirchner bürokratisch erledigt und abgehakt, sodass die "Erörterungsveranstaltung" zur Farce geriet. Absurde einzelne Forderungen (Straßenbahn UNTER der Fahrbahn) wurden mit vielfach gewünschten vernünftigen Forderungen (z.B. Fahrradbügel in den Straßenraum) gleichgestellt. Die berechtigten Sorgen von Eltern um die Sicherheit ihrer Schulkinder wurden de facto instrumentalisiert, indem einzig die Forderung nach einer Bedarfsampel und Tempo 30 als umsetzbar befunden wurde. Unser Versuch, Senat, Bezirk und Bürgerinitiativen an einen Tisch zu bringen, wurde vom Bezirk halbherzig aufgegriffen und vom Senat bürokratisch vom Tisch gefegt. Der Bezirk versteckt sich nun hinter den Vorgaben des Senats.
Resultat dieser Kompromisslosigkeit von Senat und Bezirk ist eine ästhetische Katastrophe von epischer Spießigkeit und planerischer Kurzsichtigkeit.

Der CARambolagen-Entwurf wird, im Gegensatz zur Bezirksplanung, von einem großen Teil der Bürger und Gewerbetreibenden sehr positiv bewertet. Bei einer Umsetzung unserer Planung entsteht für keinen der diversen motorisierten und nicht-motorisierten Nutzer irgendein Nachteil. Genauso wenig für den ÖPNV, da die Kastanienallee das Ziel und nicht bloßer Transit für die Fahrgäste ist.

Die Bezirksplanung dagegen verunstaltet die Straße und zementiert auf Jahrzehnte ein veraltetes Konzept der NICHT gleichberechtigten Straßennutzung. Obendrein erfüllt sie in keiner Weise die Vorgaben des "Städtebaulichen Denkmalschutzes", obwohl die Sanierung der Straße mit dessen Fördermitteln bestritten werden soll. Auf dem für die FahrradfahrerInnen vorgesehenen "Angebotsstreifen" dürfen KFZ halten. Deshalb haben sie sich in Geschäftsstraßen mit hohem Haltebedarf als völliger Fehlschlag erwiesen. In der Kastanienallee entstehen durch die Schienen für Fahrradfahrer zusätzlich erhebliche Gefahren beim erzwungenen Ausweichen. Zudem geht die vom Bezirk geplante Nutzungsverdichtung für den Gehwegbereich zu Lasten des Aufenthaltswertes der Kastanienallee.

CARambolagen sieht das OPTIONALE Radfahren zwischen den Schienen, wie es jetzt existiert, als Errungenschaft einer größeren Gleichberechtigung zwischen den Verkehrsteilnehmern. Diese Gleichberechtigung könnte der Bezirk, mit seinem dogmatischen Beharren auf einem "Angebotsstreifen", nur dadurch gleichwetig ersetzen, indem auf Parkplätze (abgesehen von Ladezonen) verzichtet würde und der entstehende Freiraum AUSSCHLIESSLICH den FahrradfahrerInnen zur Verfügung gestellt würde. Da dies aber weder politisch noch von den Anwohnern mehrheitlich gewollt ist, bleibt ein "Angebotsstreifen" als potentiell lebensgefährliche Falle für Radfahrer.

Die letzten in der herrschenden Hackordung sind die Fußgänger, die in Berlin auch mit Abstand die meisten Verkehrstoten zu beklagen haben. In der Kastanienallee wird deren Raum verengt statt erweitert. Eine Entscheidung mit hohem Vergangenheitswert, die urbanes Potential verschenkt und einer international bekannten Flaniermeile den Bürostempel aufdrückt. Innovation sieht anders aus!